Heimweh bei Sportlern – das darf doch gar nicht sein! Was, wenn doch?

UTE STANGGASSINGER

Als ehemalige Nationalspielerin im Volleyball unterstützt sie heute mit Leidenschaft junge und junggebliebene Talente auf ihrem Weg an die Spitze und macht sie als Mensch ein großes Stück stärker.

Heimweh bei Sportlern, kann und darf das überhaupt sein? Ein Thema, welches gern unter den Tisch gekehrt wird, denn Sportler gelten ja als taffe Menschen mit gesundem Menschenverstand und großen Zielen. Da ist es ja irgendwie logisch, auch den Heimatort zu verlassen, um in einem besseren Verein den Sport auszuüben. Nicht selten ist dafür ein Umzug oder ein Wohnen im Internat nötig.

Gerade junge Sportler brennen darauf, schnell ihrem Ziel näher zu kommen und sind bereit, das gewohnte Umfeld, die Familie, Schule und Freunde zu verlassen. Bis sie dann merken, dass das ungute Gefühl, welche sich einstellt nach dem Ortswechsel nicht nach einer Eingewöhnungsphase nachlässt, sondern eher schlimmer wird.

Ich selbst habe als Coach schon mehrere Fälle erlebt, in denen Sportler mit der Heimwehproblematik zu mir kamen, wobei diese anfangs primär gar nicht als Thema genannt wurde. Sondern es ging eher um „Veränderungen der Leistungsfähigkeit“, „Einbußen im Selbstbewusstsein“ und erst im Coaching kam dann das Heimweh zur Sprache.

Deshalb möchte ich den heutigen Blogartikel nutzen, das Thema Heimweh bei Sportlern mal zu durchleuchten und Dir ein paar Ansätze, wie Du besser damit umgehen kannst, bieten. Oder falls Du als Elternteil diesen Beitrag liest, Dir Tipps geben, wie Du Dein Kind unterstützen kannst.

Ich habe mir überlegt, dass ich das Format dieses Artikels als eine Art fiktives Interview schreibe und die Fragen hier zusammenfasse, die mich in meiner Arbeit immer wieder dazu erreichen.

Die Reihenfolge ist völlig willkürlich gewählt, und falls du weitere Fragen hast, stelle sie gern im Kommentar.

Möchtest du einfach mal wissen, in welchen mentalen Bereichen du schon richtig gut bist und in welchen du noch Defizite hast? Dann mach den Test und du erfährst es sofort.

Leiden eigentlich nur junge Sportler unter Heimweh oder sind auch ältere, erfahrenere Sportler betroffen?

Natürlich leiden junge Sportler tendenziell stärker unter Heimweh als ältere. Das liegt einfach in der Entwicklungsphase des Heranwachsenden begründet. Der geschützte Rahmen mit Elternhaus und Gewohnheiten des Umfelds brechen weg und es kann sich ein Gefühl des Kontrollverlusts einstellen.

Hinzu kommt, dass ein völlig neu zu sortierender Tagesablauf mit fremden Bezugspersonen junge Menschen vor derart große Veränderungsprozesse stellt, denen sie sich nicht gewachsen fühlen. Findet der Übergang vom Kind zum Erwachsenen in gewohnter Umgebung statt, ist der Loslösungsprozess in kleinere Schritte unterteilt.

Das Kind beginnt vielleicht eine Ausbildung und organisiert sich da neu mit Zugfahrten, Ausbildungsstätte oder ähnlichem. Die Ansprache, die Kommunikation zu Hause bleibt aber bestehen und bei Problemen stehen die Eltern nach wie vor zur Verfügung. So entsteht langsame Entwicklung in Richtung „Mehr-Selbständigkeit“ und persönlicher Reife. Das Auffangnetz Eltern, Freunde oder auch gewohnte Umgebung bleiben noch da.

Fällt auf einen Schlag alles weg, wird das Kind/der Jugendliche aus seiner Komfortzone- oder besser Schutzzone katapultiert, dass er mit den vielen neuen Herausforderungen nicht zurechtkommt.

Es gib aber auch prominente Beispiele von älteren, erfahrenen Sportler, die auch als sie dem Jugendalter längt entwachsen mit Heimweh zu kämpfen hatten und zum Teil sogar deswegen ihre Karriere beendeten.

Beispiele:

Der wohl bekannteste Sportler, der unter Heimweh gelitten hat, ist Weltmeister Jesus Navas. Bei ihm ging es sogar soweit, dass er unter Angstzuständen und Krampfanfällen litt und seine Karriere auf der Kippe stand. Ein anderer Profisportler ist Rugby-Star Sam Tomkins, der aufgrund seines Heimwehs um die Auflösung seines Profivertrags bat. Zu groß waren für ihn die Belastungen und die Sehnsucht nach der Heimat.

Hier kannst Du einen ausführlichen Bericht darüber lesen

Welche emotionalen oder auch körperlichen Auswirkungen hat Heimweh auf den Sportler?

Ganz klar: im ersten Moment keine guten! Denn Heimweh drückt ganz klar auf die Stimmung, führt zu Traurigkeit, manchmal bis hin zur Verzweiflung. Die Gedanken drehen sich in einer Endlos-Schleife. Sehnsüchte nach dem Gewohnten, Zweifel, das richtige getan zu haben mehren sich!

Dazu kommen oft Schlafprobleme, denn besonders abends im Bett kommen die Erinnerungen und verbundenen Sehnsüchte. Beides zusammen, die emotionalen Schmerzen und die Folgen des Schlafmangels, die sich auf körperlicher Ebene bemerkbar machen führen zu einer Leistungseinbuße.

Wie willst Du mit so einer Traurigkeit auch voll leistungsfähig sein?

Auf den zweiten Blick kann aber auch Heimweh wieder etwas Gutes haben, so wie alle Dinge zwei Seiten haben. Nämlich dann, wenn der Betroffene das als Lern,- bzw. Entwicklungsschritt seiner Persönlichkeit sieht. In jedem Leben gibt es Hindernisse, die sich plötzlich auftürmen. Einer muss eine schwere Verletzung verarbeiten, ein anderer eine große persönliche Enttäuschung oder eben das Heimweh besiegen.

Diese Herausforderung annehmen und sich gegebenenfalls mit Unterstützung aus der Gemütslage befreien kann sehr motivierend wirken. Was hilft ist ein Blick in die Zukunft:

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Wie werde ich mich fühlen, wenn ich kein Heimweh mehr habe?

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Was werde ich über mich denken, wenn ich das für immer hinter mir gelassen habe?

Solche Reisen in die Zukunft können befreiend wirken, denn sie zeigen auf, dass es nur ein vorübergehender Zustand ist.

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Welche Lösungsansätze sind sinnvoll?

Ganz wichtig ist hierbei, dass es NIE eine Pauschalantwort gibt, sondern immer erst der Mensch in seiner ganzen Persönlichkeit gesehen werden muss. Meine Aufgabe als Coach ist es, meinen Coachee dabei zu unterstützen, sich und seine Situation selbst zu reflektieren. Ich begleite ihn dabei seine Lösung selbst zu finden. Ich bin praktisch nur der Prozessbegleiter.

Es gibt Menschen, die sind auf der bewussten-kognitiven Ebene eher erreichbar, andere auf der intuitiv- emotionalen. Die bevorzugte Ebene gilt es erstmal zu finden und später dann in einem guten Coachingprozess werden sich beide wieder verbinden.

Für einen Sportler mit kognitiver Zugangsebene eignet sich ein sachlich, pragmatisches Herangehen.

Zum Beispiel eine Gegenüberstellung der Vor und Nachteile der bewusst getroffenen Entscheidung. Eine Veränderung des Tagesablaufes mit Ritualen und Struktur wird es ermöglichen die Gedanken neu zu sortieren und lässt ihn Schritt für Schritt seine Verbesserung erkennen.
Neuordnung, Gedanken sortieren, Struktur können hier die 1. Wahl sein.

Ein Sportler mit einer eher emotionalen Zugangsebene wird sich eher über die Spiegelung seiner Emotionen steuern können. Was zum Beispiel brauche ich, damit ich mich besser fühle? Was brauche ich, um mit den negativen Emotionen besser umzugehen? Da entstehen ganz spannende Ideen, die aber niemals der Coach vorgibt, sondern der Betroffene selbst findet.

Menschen mit einem guten Zugang zu ihrer Intuition fällt es leicht, sich zum Beispiel auf eine Traumreise zu begeben. Eine eigens für sie besprochene MP3 (was ich in meinen Coachings auf Wunsch auch erstelle) führt zu Entspannung und erleichtert zum Beispiel das Einschlafen. Eine andere Möglichkeit ist das Führen eines Erfolgstagebuchs oder das Arbeiten mit einer Skala, auf der der Sportler seine Empfindungen einordnen kann und sich selbst motiviert: Was kann ich heute noch tun, um mich besser zu fühlen.

Auch vielleicht hilfreich der Artikel zum Thema Mut, dann hast Du Deiner  Angst etwas entgegen zu setzen.

Wie Du mutiger wirst und schwierige Situationen besser meisterst

Heimweh bei Sportlern- was Du konkret tun kannst, oder wie Eltern unterstützen können.

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Hinterfrage das Warum!

Dann empfehle ich ganz genau das WARUM, den Anreiz zu hinterfragen. Was hast Du (bzw. hat das Kind) davon, diesen Sport zum Beispiel in einer anderen Stadt auszuführen? Welche Vorteile bringt es? Wie stark ist es wirklich der eigene Wunsch (und nicht Erwartungen der Eltern, Trainer etc.) Welche Bedeutung hat der Sport? Bist Du bereit auf vieles Bekannte zu verzichten? 

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Im Vorfeld mit der Herausforderung verbinden

Es fällt umso leichter, wenn die zu erwartenden Schwierigkeiten im Vorfeld thematisiert werden. Der Anfang kann ein schwieriger und schmerzhafter Prozess sein, der aber auch vergänglich und normal ist. 

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Erstellung eines prophylaktischen Notfallplans

Wenn Du akzeptierst, dass es sein kann, dass Du starkes Heimweh bekommst, fällt es Dir leichter es auszuhalten. Wenn es dann da ist, drücke es nicht weg, sondern nimm das Gefühl an. Ein vorher erarbeiteter Notfallplan hilft Dir, auf die Dinge zurück zu greifen, die Dir helfen. Das können Bilder, Maskottchen, kleine Geschenk von Familie und Freunden sein, die Du an Deinem neuen Ort aufbewahrst. Auch wenn das Betrachten eventuell einen Tränenstrom in Dir auslöst, wirst Du nach dem „Abweinen“ eine Erleichterung spüren.

Das war jetzt vielleicht kein sehr motivierender Schluss, deshalb noch ein anderer Abschlusssatz: 

Es ist keine Schande Heimweh zu haben, es kommt sogar gerade in Sportlerkreisen relativ häufig vor. Nimm es als Herausforderung an auf Deinem Weg zu mehr persönlicher Reife!

In diesem Sinne wünsche ich Dir ganz viel Erfolg bei allem was Du tust und falls Du Fragen oder noch einen Tipp für Betroffene hast, schreibe diese gern in den Kommentar.

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Bis bald und herzliche Grüße aus dem MentalHouse

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